Kritischer Punkt (Thermodynamik)

Druck-Volumen-Temperatur-Phasendiagramm eines Reinstoffes. Die Binodale umschließt das blau kolorierte Koexistenzgebiet der flüssigen Phase und der Gasphase. Der kritische Punkt ist das Maximum der Binodalen. Abkürzungen: absolute Temperatur T in K, Temperatur t in °C, kritisches Volumen vk und kritische Temperatur tk.
In die Druck-Temperatur-Ebene projiziertes Phasendiagramm (nicht maßstabsgerecht) der festen (s), flüssigen (l), gasförmigen (g) und überkritischen (sc) Phasen von Kohlenstoffdioxid. Die das Koexistenzgebiet der flüssigen Phase und der Gasphase umfassende Binodale erscheint als Linie, die den kritischem Punkt Pc und den Tripelpunkt Pt verbindet.

In der Thermodynamik ist ein kritischer Punkt ein Extremwert einer Binodalen, an dem letztere ein Minimum oder ein Maximum des Drucks und der Temperatur durchläuft.[1][2][3] Kritische Punkte treten in Zustandsräumen thermodynamischer Systeme auf, in denen eine Binodale ein Koexistenzgebiet, in dem koexistierende Phasen stabil sind, von einem Bereich abtrennt, in dem eine homogene Phase stabil ist. Bei thermodynamischen Systemen, die kritische Punkte aufweisen, kann es sich beispielsweise um Reinstoffe handeln, in deren Zustandsraum Koexistenzgebiete zwischen einer flüssigen Phase und einer Gasphase existieren.[4] Weiterhin können flüssige Gemische, die eine Mischungslücke aufweisen, kritische Punkte besitzen.[5][6]

Alle in der Umgebung des kritischen Punktes existierenden Phasen, also sowohl die koexistierenden Phasen des Koexistenzgebietes als auch die homogene Phase außerhalb, sind Fluide – also Phasen, in denen die einzelnen Teilchen sich frei im Raum bewegen können (physikalisch formuliert: Translationsbewegungen vollführen können). Hierunter fallen Gase, Flüssigkeiten inklusive flüssiger Mischungen sowie überkritische Fluide (siehe unten).[7][8] Kritische Punkte sind dabei thermodynamische Zustände, in denen die koexistierenden Phasen des Koexistenzgebietes und die homogene Phase außerhalb ununterscheidbar werden.

Das Konzept "kritischer Punkt" wird in der Festkörperphysik analog angewendet, um das Phasenverhalten magnetischer und ferroelektrischer Materien unterhalb der Curie-Temperatur zu beschreiben.[9][10]

  1. Pierre Papon, Jacques Leblond, Paul H. E. Meijer: The physics of phase transitions: concepts and applications. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 2006, ISBN 3-540-33390-8.
  2. Bruno Predel, Michael Hoch, Monte Pool: Phase Diagrams and Heterogeneous Equilibria: a Practical Introduction. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2004, ISBN 3-662-09276-X.
  3. Pablo G. Debenedetti: Metastable liquids: concepts and principles. Princeton University Press, Princeton, N.J. 1996, ISBN 0-691-08595-1, S. 69 ff.
  4. IUPAC - critical point (C01396). In: Compendium of Chemical Terminology, 2nd ed. (the "Gold Book"). The International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC), abgerufen am 16. April 2023.
  5. O. K. Rice: The effect of an impurity on the critical point of a binary liquid system as a surface phenomenon. In: The Journal of Chemical Physics. Band 64, Nr. 11, Juni 1976, S. 4362–4367, doi:10.1063/1.432105.
  6. Takeji Hashimoto: Structure of Polymer Blends. In: R. W. Cahn, P. Haasen, E. J. Kramer (Hrsg.): Materials Science and Technology: a Comprehensive Treatment. 12 Structure and Properties of Polymers. VCH, Weinheim 1993, ISBN 3-527-26813-8, S. 251–300.
  7. Hans-Jochen Foth: Fluid, RD-06-01312. In: Römpp online. Georg-Thieme-Verlag, Stuttgart, 2016, abgerufen am 27. Mai 2023.
  8. fluid. In: Lexikon der Chemie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 1998, abgerufen am 27. Mai 2023.
  9. Anneke Levelt Sengers, Robert Hocken, Jan V. Sengers: Critical-point universality and fluids. In: Physics Today. Band 30, Nr. 12, 1. Dezember 1977, S. 42–51, doi:10.1063/1.3037826.
  10. David E. Laughlin: Magnetic Transformations and Phase Diagrams. In: Metallurgical and Materials Transactions A. Band 50, Nr. 6, 15. Juni 2019, S. 2555–2569, doi:10.1007/s11661-019-05214-z.

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